Sofia Bohn ist bereits seit sieben Jahren mit der TGJ verbunden. 2012 absolvierte die heute 25-Jährige hier nach dem Abitur einen Bundesfreiwilligendienst. Im Anschluss studierte sie Soziale Arbeit an der HAW Hamburg und arbeitete weiter in der Nachtbereitschaft der TGJ, später auf einer Teilzeitstelle in der „Vorsorge“. Seit 2018 ist sie als Sozialpädagogin auf einer Vollzeitstelle angestellt.
Liebe Frau Bohn, seit Ihrem Einstieg ins Berufsleben haben Sie die TGJ nie wieder verlassen. Warum?
Stimmt! Das liegt daran, dass ich hier immer gefördert wurde und mich weiterentwickeln konnte. Und die Atmosphäre ist gut, die Kolleginnen und Kollegen sind klasse und ich habe viele Freiräume.
Und das hat sich bis heute bewahrheitet?
Ja. Auch die Möglichkeit zur Veränderung: Nach Abschluss des Studiums wollte ich etwas Neues kennenlernen und konnte dann mit je einer halben Stelle in die „Soziale Rehabilitation“ und das „Betreute Wohnen“ wechseln.
Können Sie die Unterschiede der Segmente einmal erläutern?
Die Vorsorge steht am Anfang des Suchthilfesystems, zwischen Entgiftung und Langzeittherapie. In der Nachsorge, der „Sozialen Reha“ lernt man abstinentes Leben und Wohnen mit den Themen Arbeitssuche, Freizeitgestaltung etc. Für Menschen, die dann noch Unterstützung brauchen, kann an die „Soziale Reha“ das „Betreute Wohnen“ anschließen. Beide Nachsorgesegmente sind in der Elsa Brändström-Straße angesiedelt. Hier habe auch ich mein Büro.
Wie läuft Ihr Arbeitsalltag?
Ich kann die Arbeitszeiten zwischen meinen beiden Segmenten flexibel gestalten. Einerseits führe ich Einzelgespräche und mache Sozialberatung, unterstütze einzelne Klienten und Klientinnen zum Beispiel bei Behördengängen. Andererseits leite ich verschiedene Gruppen, zum Beispiel zur Planung von Aktivitäten im Stadtteil, und alle zwei Wochen den freiwilligen Bewohner-Treff. Da geht es um alles, was die Leute so beschäftigt, zum Beispiel um die schwierige und oft frustrierende Wohnungssuche. Außerdem gibt es Teambesprechungen, Supervision und vieles mehr.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Ich profitiere sehr von der Teamarbeit. Wir kennen uns gegenseitig gut und sitzen am gleichen Standort. Das macht es leicht, sich auszutauschen. In dem einen Team sind wir nur zu dritt, in dem anderen zu zehnt. Beides ist gut. Ich profitiere auch davon, dass wir die Gruppen meistens zu zweit machen. Aber auch die Sozialberatung finde ich oft cool, weil man da teilweise einfach Erfolge erzielen kann. Viele Klient*innen haben auf Behördenangelegenheiten gar keine Lust, aber man kann leichter etwas erreichen als bei großen Themen wie z.B. Depression.
Was ist am schwierigsten an der Arbeit?
Abgrenzung ist ein großes Thema. Wir haben immer wieder Situationen, wo wir Leute entlassen müssen z.B. wegen des Abstinenzgebots. Persönlich würden wir den Leuten vielleicht wünschen, weiterzumachen, aber es geht aufgrund des Konzeptes und der Klientengemeinschaft nicht, die wir im Blick behalten müssen.
Sie arbeiten nun schon seit sechs Jahren in der Suchthilfe. Wie gehen Sie mit den Belastungen des Berufes um?
Sehr hilfreich sind Supervision und der Austausch im Team. Gerade um die Abgrenzung aufrechtzuerhalten ist es wichtig, dass man nicht alleine ist und auch andere Leute einen Blick darauf haben. Ansonsten denke ich, wenn man mit seinem Leben im Ganzen zufrieden ist, dann kann man seinen Job auch gut machen, egal ob in der Suchthilfe oder anderswo.
Wie schalten Sie ab?
Ich spiele Roller Derby beim FC St. Pauli. Das ist ein Vollkontaktsport auf Rollschuhen, also ein relativ harter Sport, der aus der feministischen Szene kommt. Ich versuche, viermal pro Woche zum Training zu gehen. Das ist für mich ein echter Ausgleich zum Job und bringt mir sehr viel Spaß.
Was sagen Sie Menschen, die überlegen, sich bei der TGJ zu bewerben?
Ich würde vor allem die persönliche Förderung und Möglichkeit zur Fortbildung nochmal hervorheben. Folglich haben wir hier gut ausgebildete Kolleginnen und Kollegen und auch den entsprechenden fachlichen Austausch. Und ich fühle mich gut gesehen von der Leitung, auch über das Berufliche hinaus.
Bedeutet es etwas für Sie, dass Sie für eine Stiftung arbeiten?
Ja. Als ich mich ursprünglich für die TGJ beworben habe, war das ein ausschlaggebender Grund. Es war mir wichtig, nicht staatlich oder konfessionell zu arbeiten. Das habe ich von Anfang an für mich ausgeschlossen. Aus meiner persönlichen Sicht macht es für die soziale Arbeit Sinn, konfessionsungebundene Angebote zu machen, gerade auch in der Suchthilfe.
Was sind Ihre weiteren Pläne in der TGJ?
In der Sozialen Arbeit profitiert man sehr davon, Berufserfahrungen zu sammeln. Ich bin ja noch sehr jung. Ich habe viele tolle Kollegen und Kolleginnen, von denen ich im Alltag viel lerne. Ich möchte immer besser werden in dem, was ich mache. Das ist mein Ziel.
Dieses Gespräch führten wir im März 2019.