Teamleitungen in der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe: Susanne Kühn und Jana Körner

"Die Stiftung kann für mich: Sicherheit geben, Lösungen suchen, neue Wege beschreiten, modern sein. Und sie kann ein sicherer Arbeitgeber sein."

Jana Körner leitet seit sechs Jahren die zwei ambulanten Teams des Bereichs Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe mit je rund 10 Mitarbeiter*innen.

Ich bin Jana Körner und zu meinen Aufgaben gehört zuerst die Führung meiner Teams. Ich gucke und höre genau hin, wie es allen geht und zeige Präsenz. Auch die Personalentwicklung,  einerseits das Fördern, andererseits auch mal das konstruktive Kritikgespräch, ist wichtig.

Das zweite große Aufgabengebiet ist die Fall- und Fachberatung. Ich erfahre immer, wenn es bei den von uns betreuten Frauen oder Familien Probleme gibt und dann beratschlagen wir im Team, was es für Lösungen gibt. Das gilt insbesondere für Kindeswohlgefährdungen oder Krisen.

Ich steuere auch die Auslastung der Teams und die unserer trägereigenen Wohnungen. Wann wird wo renoviert und wer kann wann wo wie einziehen und wer macht die Betreuung? Das ist manchmal ein kleines Puzzle, bis alle damit zufrieden und einverstanden sind, denn das ist mir sehr wichtig.

Meine Kollegin und ich haben auch Projektverantwortung. Wir haben hier wahnsinnig viel Gestaltungsraum, und wenn wir ein Projekt aufrufen, dann können wir das relativ eigenverantwortlich an den Start bringen, Arbeitskreise gründen etc. Ein Beispiel ist unser neues Kindeswohlgefährdungskonzept und aktuell überarbeiten wir das Gewaltschutzkonzept.

Mir persönlich macht die Personalführung am meisten Spaß. Ich finde besonders Gespräche „zwischen Tür und Angel“ sehr wertvoll, weil ich da einfach immer wieder ganz andere Dinge höre als im Teamgespräch. Auch die Mitarbeitenden schätzen das sehr, dieses „Nahbare“.

Das Schwierige an der Arbeit in der Sozialpsychiatrie ist aktuell das Spannungsfeld, in dem wir uns immer wieder bewegen. Hier ist der Minikosmos unserer Einrichtungen und wir treffen auf Kliniken, die keine Plätze für unsere psychisch erkrankten Klient*innen haben, es gibt keine Plätze in den Kinderschutzhäusern, wir treffen auf überlastete Jugendämter, Kontakt zu deren Mitarbeitenden ist sehr schwer und vieles mehr. Das führt dazu, das wir selbst sehr viel Verantwortung übernehmen müssen. Immer wieder berichten mir meine Kolleg*innen von besonderen Herausforderungen und es ist eine permanente Gratwanderung – einerseits zum Wohle unserer Klient*innen zu handeln und andererseits auch die Mitarbeitenden im Blick zu haben.

Meine Motivation, hier zu arbeiten, ist, etwas zur Gesellschaft beizutragen. An einer Stelle zu arbeiten, an der ich wirksam sein kann, meine Mitarbeitenden empowern kann, dass sie ihren Job gut machen können. Und natürlich motivieren mich auch meine Teams, ganz doll auch meine Kollegin Susanne, wir lachen viel und sprechen viel auch informell.

Ich selber bin Erzieherin und habe parallel zu meiner Tätigkeit hier Psychologie studiert (und inzwischen das Masterstudium erfolgreich abgeschlossen) und hatte anfangs einen großen Anspruch, mich fachlich noch besser aufzustellen. Gleichzeitig durfte ich ein Führungskräftecoaching in Anspruch nehmen. Je mehr ich mich in die Leitungsrolle einfinden konnte, mich fachlich zeigen konnte, um so entspannter und gelassener bin ich geworden.

Dann kam Corona, eine große Herausforderung. Wir haben alle eine hohe Anpassungsleistung gezeigt und waren schon nach zwei Wochen wieder in der normalen Betreuung mit Hausbesuchen und Co. Aber natürlich waren die Teams nicht mehr so eng beieinander und es gab Nachholbedarf, den wir aber jetzt gut einfangen haben. Aber für unsere Klient*innen ist durch Corona die
Lage sehr viel belastender und anstrengender geworden. So sind zum Beispiel die Kindeswohlgefährdungsmeldungen enorm angestiegen. Immer mehr Kinder und Jugendliche brauchen Hilfen, das habe ich auch in meiner Masterarbeit zeigen können. Der prekäre Wohnungsmarkt, Schulden und andere Rahmenbedingungen belasten unsere Klient*innen zusätzlich.

„Manchmal passiert lange nichts und dann alles auf einmal“. Diesen Satz mag ich. Ja, wir haben trotzdem Erfolgserlebnisse, von denen wir zehren. Eine Klientin besichtigt 50 Wohnungen und dann klappt es bei der 51. Besichtigung. Ich zitiere noch einen Satz, aus dem „Medicus“: Es ist, als würde man das Meer mit einem Schöpflöffel auslöffeln“. Ja, das tun wir, aber wir TUN was!

An der Stiftung mag ich die Gemeinnützigkeit. Ich habe das Grundvertrauen, dass das Geld hier vernünftig und an der richtigen Stelle eingesetzt wird und das passt zu meiner Überzeugung der gesellschaftlichen Aufgabe, die wir hier haben. Ich bin auch stolz, dass wir eine weibliche Geschäftsführung haben.

Susanne Kühn leitet die zwei stationären Teams der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe, die in den Mutter-/Vater-Kind-Häusern arbeiten. Sie selbst ist seit 23 Jahren in der Stiftung.

Ich bin Susanne Kühn und auch meine Aufgaben sind zuerst die Personalführung und die Personalsuche Meine Teams sind z.Zt. zehn bzw. sieben Kolleginnen groß, plus ein Nachtbereitschaftsteam und einige Honorarkräfte sowie Minijobberinnen. Ich leite also eine große Gruppe von Menschen, die zu unterschiedlichen Bedingungen und mit unterschiedlichen Motivationen hier sind.

Ich arbeite viel daran, die Teams gut zusammenzustellen Mir ist es wichtig, die Kolleg*innen entsprechend ihrer Stärken zu sehen und zu fördern und sie zu motivieren, diese schwierige Arbeit zu machen. Ich gehe auch bewusst mal mit in die inhaltliche Arbeit, damit ich auch an dieser Stelle erlebbar werde.

Fachliche Themen, Kriseninterventionen, die stehen natürlich auch bei mir ganz oben Wie meine Kollegin Jana Körner beschrieben hat, betreuen wir oftmals sehr schwer erkrankte Klient*innen und Elternteile mit ihren Kindern, bei denen wir intensive Hilfen leisten müssen. Ich muss gerade deswegen auch schauen, wer bei uns betreut werden kann. Wir können nicht nur krisenhafte Fälle aufnehmen, auch wenn es dafür viele Anfragen der Behörde gibt.

Wie vernetzen wir unsere Kolleg*innen? Das ist ein spannendes Thema und das macht mir richtig Spaß. Wenn wir Kolleg*innen zusammenbringen, entstehen neue Ideen, neue Möglichkeiten, neuer Austausch. Das finde ich richtig gut.

Die Personalführung ist für mich besonders herausfordernd, weil unsere Klient*innen eine kontinuierliche, qualitativ hohe Unterstützung brauchen und mir das auch sehr wichtig ist. In meinem Bereich arbeiten viele Frauen, von denen immer wieder einige in Elternzeit gehen und dann mit kleineren Arbeitsverhältnissen wiederkommen. Es arbeiten auch Kolleg*innen hier, die trotz aller Fachlichkeit die Arbeit für sich als zu belastend empfinden und das Team dann wieder verlassen. Das sind zwei Beispiele, die dazu führen, dass ich die Teams immer wieder neu aufstellen muss.

Ich selber habe vor 23 Jahren als „normales“ Teammitglied hier angefangen und seitdem hat sich wirklich viel verändert. Wir sind deutlich fachlicher geworden. Das ist gut so!
Unsere Standards haben auch die Kolleg*innen verändert, die hohe Kenntnisse über Krankheitsbilder unserer psychisch erkrankten Klient*innen mitgebracht haben ... Es geht heute weniger um Intuition als um Fachlichkeit. Auch die Beteiligung der Klient*innen ist anders geworden Heute denken wir das Beteiligungsmanagement immer mit. Zu Regeln, zu Angeboten, zur Hausgestaltung werden die Klient*innen immer befragt. Und: Vor 20 Jahren hätten ganz viele Mütter, die psychisch erkrankt sind, kaum eine Chance gehabt, mit ihren Kindern in so einer Einrichtung wohnen zu dürfen. Man hätte viel früher eine Trennung vorangetrieben, weil wir uns weniger mit den Erkrankungen und ihren Folgen auseinandergesetzt haben. Es gab definitiv eine größere Stigmatisierung. Heute gucken wir: Was kann die Mutter oder der Vater eigentlich leisten und oft ist das viel mehr, als man aus dem Namen einer Erkrankung ableiten kann.

Ich selber habe mich auch verändert, vom Teammitglied zur Teamleitung war es ein längerer Weg Meine Kollegin Jana Körner hatte daran einen großen Anteil. Ich hatte jahrelang keine Kollegin direkt auf meiner Ebene, aber das ist so wichtig. Heute beraten wir uns gegenseitig, gucken gemeinsam kritisch auf Dinge, coachen uns. So bin ich insgesamt mutiger und klarer geworden.

Sehr gut an meiner Arbeit finde ich die große Freiheit, zu gestalten. Ich würde das gerne noch viel öfter tun, z.B. „Qualitätswochen“ organisieren, Themen vorantreiben, Kolleg*innen interne Fortbildung anbieten.

Die Stiftung habe ich immer als einen sicheren Rahmen empfunden, als faire Partnerin Ich bin auch stolz, wenn ich darüber berichte, ich kann mich positiv identifizieren. Was wir an Gestaltungsspielraum erleben, das ist eingebettet in ein größeres System und das wird von unserer Geschäftsführung gesteuert, die dazu auch noch nahbar ist. Das finde ich sehr gut.

Dieses Doppelinterview führten wir 2024 für die Jubiläumsbroschüre der Alida Schmidt-Stiftung.
 

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