Frau Bubert, Sie arbeiten seit neun Jahren im Hansenbarg. Wie haben Sie den Weg in die Klinik gefunden?
Nach meiner Ausbildung zur Physiotherapeutin habe ich noch den Bachelor of Science Physiotherapie und den Master of Science Physiotherapie gemacht, um mein naturwissenschaftliches Wissen zu vertiefen. Während meines Masters habe ich angefangen, 20 Stunden im Hansenbarg zu arbeiten.
Wie war der erste Kontakt zu ihrem Arbeitgeber?
Als ich zum Gespräch eingeladen wurde, habe ich gesehen, wie unfassbar idyllisch es hier ist! Wow, dachte ich, hier arbeiten zu können hat schon allein wegen der Lage einen hohen Zufriedenheitswert. Als ich nach dem netten Gespräch dann von Dr. Stracke die Zusage erhielt, habe ich mich gefreut. Es ist ja so: In einer Klinik zu arbeiten bringt sehr viele Vorteile mit sich, da es definitiv entspannter und ruhiger als in einer Praxis zugeht.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Das Team der Physiotherapie besteht hier aus drei Personen auf zwei Stellen. Ich selbst arbeite im Moment 31,75 Stunden in der Woche. Ein Teil meiner Arbeit ist die Einzelbehandlung der Patienten. Diese Arbeit kann ich mir selbst einteilen – ich bestelle mir alle 30 Minuten einen neuen Patienten ein. Ein anderer Teil ist die Sporttherapie.
Was passiert in den 30 Behandlungsminuten?
80 Prozent der Patienten kommen mit orthopädischen Erkrankungen: Knieschmerzen, Schulterschmerzen, eingeschränkten Schulterbeweglichkeiten und vielen Rückenprobleme. Da mache ich klassische Krankengymnastik. Wir bauen auf die aktive Mitarbeit der Patienten und geben ihnen Übungen mit.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen orthopädischen Erkrankungen und Alkoholerkrankungen?
Ein Großteil der Patienten musste im Job körperliche Arbeiten ausführen, weshalb z.B. die Knie oder Schultern kaputt sind. Wir haben aber auch die große Vermutung, dass es bestimmte Beziehungen zwischen der Alkoholabhängigkeit und orthopädischen Leiden gibt. So hat z.B. die Leber eine Verbindung mit der Schulter – und wir stellen fest, dass wir viele Schultererkrankungen behandeln. Wir haben viele Achillessehnenprobleme, was auch eine Stoffwechselschwierigkeit ist.
Die Krankengymnastik ist eine Ihrer Aufgaben. Was machen Sie noch?
Die Sporttherapeutin aber auch wir zwei Physiotherapeutinnen machen einen Großteil unserer Arbeitszeit Sport mit den Patientinnen und Patienten. Das mache ich total gerne, weil ich selber sportlich bin, Spaß an Bewegung habe und sehr gerne Gruppen führe.
Was für Sport machen Sie genau?
Unsere Hauptaufgabe ist es, der heterogenen Gruppe mit bis zu 20 Patientinnen und Patienten solche Angebote zu machen, bei denen alle mitmachen können und dies auch gerne tun. Wir müssen also eine Sportart oder Bewegungsform für alle finden. Manchmal kann ich Basketball spielen, manchmal muss ich ganz niedrigschwellige Angebote machen wie z.B. Hockergymnastik. Es ist immer anderes aber dadurch auch total interessant.
Wie funktioniert es im Team?
Sehr gut. Bei uns gibt es keine Hierarchien, wir sind alle auf einer Ebene.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Die Selbstbestimmung hier ist toll! Unsere Ärzte lassen uns freie Hand. D.h. wir hören uns das Leiden des Patienten an und können selbst bestimmen wie oft wir ihn oder sie in der Woche sehen wollen und welche Behandlungstechniken wir anwenden.
Was sind schwierige Situationen?
Eine schwierige Situation ist es, wenn eine Besprechung mit 60 Mitarbeitern nicht voran geht.
Und schwierige Situationen mit den Patienten?
Es gibt im Kontakt manchmal schwierige Situationen, weil wir Patienten haben, die neben ihrem Alkoholproblem auch Persönlichkeitsstörungen haben. Die Herausforderung ist dann, die therapeutische Distanz zu waren und auf der therapeutischen Ebene zu agieren. Es gibt hier aber sehr viele Besprechungen – Teambesprechungen, Verlaufsbesprechungen – so dass ich Hilfestellung bekommen könnte, wenn ich sie bräuchte.
Wie bewerten Sie die Bezahlung?
Physiotherapeuten sind viel Kummer gewohnt. Nach dem TVÖD bezahlt zu werden, wie hier in der Stiftung, ist für uns gut.
Sie haben ein tolles Hobby, mögen Sie darüber berichten?
Klar. Ich bin Vielseitigkeitsreiterin. Dieser Sport ist hier in der Region sehr bekannt und wird sehr intensiv betrieben. Ich war vor einigen Jahren mal sehr erfolgreich, jetzt habe ich zwei neue Pferde und fahre auf Turniere in Deutschland und manchmal ins Ausland. Das ist mein Haupthobby. Und ein Job, der mir ermöglicht das alles miteinander vereinbaren zu können, ist eine feine Sache.
Was war Ihr Highlight bislang im Hansenbarg?
Was mich immer sehr berührt ist, wenn ich nach Jahren ehemalige Patienten wiedersehe, z.B. auf dem Sommerfest, und es ihnen gut geht. Oder wenn ich in der Therapie merke, dass die Patienten wieder Fahrt aufnehmen. Ein Beispiel: Ein Patient war Radrennfahrer im Amateurbereich, der ist nach Wochen schwerer Arbeit an seinem lädierten Knie wieder Rad gefahren. Das war total toll!
Was wissen Sie über die Alida Schmidt-Stiftung, die das Fachkrankenhaus betreibt?
2015 war ich im Stiftungsteam beim HSH Nordbank Run und habe so Kollegen aus anderen Häusern kennengelernt. Das war wirklich nett. Ich finde es gut, wenn man sich als Teil des Großen und Ganzen fühlt.
Dieses Interview führten wir 2017.