Der verflixte Alkohol - eine Abschiedsrede aus 2022

Was Alkohol ist und was es bedeutet Alkoholiker zu sein, habe ich schon als Kind erfahren. Mein Vater war nämlich dem Alkohol verfallen. Ich sage „war“, nicht weil er gestorben ist, sondern weil er inzwischen viele Jahre trocken ist. Dass ich selbst ein Problem mit Alkohol habe, Alkoholiker bin, habe ich auch bereits vor einigen Jahren erkannt. Jedoch habe ich erst ca. im Juni 2021 beschlossen, etwas dagegen zu tun.

Geholfen hat mir dabei ein guter Freund, der selbst inzwischen 4 Jahre trocken ist. Dieser hat genau das Richtige getan: Er hat mich zu nichts gedrängt, sondern den Moment abgewartet, in dem ich selbst äußerte, dass ich etwas gegen meine Sucht tun möchte. Darauf hin sagte er so etwas wie: „Das ist gar kein Problem! Hol Dir erstmal eine Einweisung vom Hausarzt für eine Entgiftung. Von da an geht alles von selbst.“

So war es dann auch. Als ich meine qualifizierte Entgiftung antrat, bot mir die Klinik eine Langzeittherapie im Hansenbarg an. Als ich im November 2021 hier ankam wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Ich war für alles offen, was kommen mochte. Jetzt bin ich seit 19 Wochen hier. In der Zeit habe ich viele schöne, traurige, lustige, wichtige Gespräche mit meinem Bezugstherapeuten Herrn W. und meiner Gruppe I geführt. Dafür bin allen sehr dankbar.

Denn während dieser Gespräche bin ich dem Grund warum ich trinke sehr viel nähergekommen, als ich erwartet hätte. Ich war hier Gruppen-Sprecher und Medienwart. Mich hin zu stellen, vor allen frei zu reden oder für andere da zu sein, dass kann ich gut. Was ich nicht gut kann, ist für mich da zu sein, gut zu mir sein. Der Grund warum, mein Leben so aussieht wie bisher ist, dass ich sehr wenig Selbstwert habe. Als ich dieses erkannt hatte begann ich mich zurück zu ziehen. Ich hatte hier Zeit ganz klein anzufangen, gute Dinge für mich zu tun. Das fiel mir am Anfang besonders, jetzt auch immer noch schwer.

Schon in der sogenannten Krabbelgruppe wurde uns gesagt, dass wir hier sozusagen einen Rucksack bekommen, den wir mit Werkzeugen füllen können. Tools, mit denen wir es besser schaffen, in der Realität nüchtern zu bleiben. Ich wusste lange nicht was damit gemeint ist. Jetzt habe ich diesen Rucksack auf meinem Rücken, mit vielen verschiedenen Hilfsmitteln. Man muss ihn nur geöffnet halten, dann kommen von allen Seiten, vom gesamten Team im Hansenbarg, Werkzeuge dazu.

Ich danke also auch dem gesamten Team. Natürlich Herrn Dr. Stracke, Frau v.T., der Hauswirtschaft und den Arbeitstherapeuten Herrn K. und Frau P., die alle ihre Tools dazugetan haben.

Mein Weg beginnt erst und er wird noch lang, jedoch fühle ich mich nun gut ausgerüstet. Hiermit möchte ich mich von allen verabschieden, ich hoffe wir sehen uns noch einmal wieder, aber nicht hier.

 

 

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