Einsichten

Eine Abschiedsrede aus 2018

Als ich vor fast 20 Wochen hier ankam, hatte ich keine Erwartungen an die Therapie. Ich wollte nur erstmal von da weg wo ich herkam. Meine Lebensumstände waren desaströs. Keine Ziele, keine Struktur, keine Zukunft und keine Normalität mehr. Und ich war schon so daran gewöhnt, dass ich das nicht mal mehr mitbekam.

Die ersten Wochen hier, schlugen mir dann plötzlich so viel Struktur und soziales Miteinander um die Ohren, dass ich von der Realität wie erschlagen war und alles wie ein Film an mir vorbei zog. Aber obwohl ich mich wie ein Alien gefühlt habe, wurde ich nie so behandelt.

Den Mitpatienten, die immer wieder nachgehakt und mich damit langsam aus meiner Isolation gepuzzelt haben, gilt ein großer Teil meines Dankes. Auch den Mitarbeitern, die nie unachtsam und fast immer freundlich waren. Sehr geholfen hat mir auch, dass mir am Hansenbarg niemals das Gefühl gegeben wurde, eine wandelnde Diagnose oder ein wandelndes Problem, vor allem für mich, aber auch für andere zu sein, sondern eine Persönlichkeit mit einem Problem das es zu lösen gilt.

Ich hatte nie das Gefühl das mir vorgeworfen wird, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe kriege und mich nur endlich zusammenreißen muss, sondern das gefragt wurde WARUM ich mein Leben nicht auf die Reihe kriege. Wo kommt das her? Was sind die Ursachen? Und wie kann man damit so umgehen das es einfacher wird. Dafür danke ich vor allem meiner Therapeutin Frau B., die mich sehr behutsam auf diesem Weg begleitet hat. Danke auch an Dr. Stracke für die einprägsame Depressionsbewältigungsgruppe.

Als ich verstanden habe, dass jeder Mensch ein unterschiedlich großes Paket aus seiner Vergangenheit mit sich trägt und aufgrund dessen im Hier und Jetzt, von Mensch zu Mensch unterschiedlich, viel im Alltag zusätzlich tragen und ertragen kann, konnte ich mir endlich erklären und ein bisschen verzeihen, dass ich mein Leben bisher so vergeigt habe. Ich kannte bis jetzt nur das Chaos als Überlebensstrategie. Und weil das bisher eher nicht so gut funktioniert hat, mache ich es ab jetzt anders.

Ich weiß zwar noch nicht immer wie und das macht mir bisweilen auch noch oft große Angst, aber ich weiß jetzt woher diese Angst kommt. Und ich weiß jetzt auch wo ich nie wieder hin will und was ich dafür tun muss. Abstinent und clean bleiben.

Danke für all die lebensverändernden Einsichten die ich hier gewinnen durfte und die ich vor lauter Verdrängungskonsum alleine nie gefunden hätte. Ich hoffe ihr alle erlebt hier Ähnliches. Danke.

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