Achtsam bleiben!
Eine Abschiedsrede aus dem Winter 2023
Moin liebe Gemeinde, ich versuche mich kurz zu fassen, ca. 5 Min: Zunächst möchte ich mich dafür bedanken, dass wir in einem Land leben, in dem unsere Erkrankung erst genommen wird und wir die Hilfe erhalten, die wir benötigen. Ich bin dankbar dafür, dass es Einrichtungen wie den Hansenbarg gibt. Es wird ja gerne mal über Vaterstaat gemeckert und oftmals wohl auch zurecht, aber an dieser Stelle kann und will ich einfach mal Danke sagen. In diesem Sinne: DANKE!!
Ich bin ein Wiederholungstäter; will heißen ich habe vor rund 4 Jahren genau hier, na ja vielleicht waren es auch zwei Meter weiter rechts oder links, gestanden. Ich hab`s daraufhin auch tatsächlich geschafft, Vier Jahre trocken zu bleiben. Aber um ehrlich zu sein, waren diese Jahre nicht so ganz mein Verdienst allein, denn ich war nahezu die komplette Zeit über in einem geschützten Rahmen, der TGJ, und kaum hatte ich diese „Käseglocke 2.0“ verlassen ging es relativ schnell, relativ steil wieder bergab mit mir.
Aus heutiger Sicht muss ich leider gestehen, dass ich diese Jahre schlussendlich nicht für mich selbst trocken geblieben bin. Ich war trocken, damit ich auf der Arbeit funktioniere, ich war trocken, um meine Familie nicht zu enttäuschen und ich war trocken, um nicht gegen Auflagen zu verstoßen. Rückblickend betrachtet sind das natürlich die absolut falschen Gründe. Ich weiß noch genau, dass ich bei meiner ersten Entgiftung vor zehn Jahren gesagt habe: „Das mache ich genau einmal, dann bin ich durch mit dem Thema!“, das gleiche habe ich vor gut vier Jahren bei der ersten Therapie gesagt: „Das zieh ich jetzt durch und dann lasse ich den Dämon Alkohol ein für alle Male hinter mir.“
Dass dies so nicht funktioniert, habe ich erst während dieser Therapie so richtig verstanden. Ich habe leider Gottes über mein halbes bisheriges Leben konsumiert. Da kann ich nicht erwarten, binnen weniger Wochen, Monate, Jahre davon kuriert zu sein. Der ausschlaggebende Fehler beim letzten Mal war, dass ich mich einfach maßlos überschätzt bzw. die Krankheit deutlich unterschätzt habe. Ich dachte, ich mache das mit mir selbst aus ich schaffe das allein, tja, ein fataler Irrtum wie sich gezeigt hat.
Ich werde die Krankheit nicht erneut auf die leichte Schulter nahmen. Die wirkliche Arbeit beginnt jetzt, nach der Therapie und das nicht nur morgen, übermorgen, nächste Woche, nächstes Jahr. Nein der kleine Fiesling begleitet mich den Rest meines Lebens und er wird sich jede kleine Schwäche zunutze machen. Ich muss also achtsam bleiben! Während dieser 13 Wochen habe ich gelernt, dass im Leben glücklich sein bzw. glücklicher zu werden durchaus eine realistische Option ist, also nicht nur abstinent sein um zu funktionieren, oder um es anderen recht zu machen.
Trocken bleiben und wirklich zu leben, neue Dinge auszuprobieren, sich nicht mehr gänzlich der Welt zu verschließen, Nähe zulassen zu können, letztendlich wirklich Frei sein! An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinen Therapeuten Herrn D. bedanken, der unermüdlich versucht hat mich aus meinem Schneckenhaus zu holen und auch, wenn er es nicht zur Gänze geschafft hat diese harte Nuss zu knacken, so bin ich Ihm doch sehr dankbar für seinen Input, für neue Sichtweisen und den richtigen Impuls den er mir mit auf den Weg gibt.
Ich habe gelernt, mich selbst besser zu verstehen, mich ein stückweit so zu akzeptieren wie ich nun mal bin, weit entfernt von Perfekt, aber Hey wer ist das schon? Und unterm Strich sind es doch die kleinen Unvollkommenheiten die einen jeden einzelnen von uns ausmachen!
Abschließend bedanke ich mich beim kompletten Hansenbarg Team, bei allen Mitpatienten (ob nun grade hier oder bereits gegangen), bei meiner Familie (allen, voran meine Mutter und mein Bruder) Danke! Ich wünsche uns allen ein schönes Wochenende!